Trailen auf dem Geruchsband

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🌿 Update Oktober 2025: Dieser Artikel wurde leicht überarbeitet. Ich habe meine Gedanken zu Bedürfnisbefriedigung, Verstärkung und Frustvermeidung ergänzt

Trailen auf den Geruchsband

Steht auf allen meinen Onlineworkshop-Titeln. Es ist der Kern (nicht nur) meiner Trainingsphilo­sophie. Gerade um Mantrailing als Enrichment einzusetzen, bietet es eine besonders stimmige Basis.Was bedeutet dieser Begriff eigentlich genau? Hier fasse ich Dir mal kompakt zusammen was er bedeutet
💚 woher der Ansatz kommt
💚 warum er sich für bedürfnisorientiertes Mantrailing sehr gut eignet und
💚 wie diese Aufgabenstellung den Hunden vermittelt wird.

Du kannst Dir diesen Artikel auch als anhören:

Definition

„Zeige mir, wo die Zielperson gelaufen ist“

anstelle von

„Finde die Zielperson, egal wie“

Das ist die Kernaussage – und sie unterscheidet sich in der Formulierung deutlich von vielen anderen Ansätzen. Für mich ist sie der Schlüssel zu mehr Klarheit und Bedürfnisorientierung im Trail.

Es bedeutet also, dass der Hund nicht „irgendwie“ die Zielperson finden oder zeigen soll, wo er überall Geruch von der Zielperson wahrnimmt. Er soll nicht übers Geruchsjagen wieder auf den Trail finde, sondern diesen möglichst gar nicht verlassen.

Zunächst erscheint diese andere Aufgabenstellung überraschend, denn bei der Personensuche geht es ja genau darum, eine Person zu finden…

Ursprung

Ich habe diesen sehr klar definierten Arbeitsansatz bei Peter Keller, einem sehr erfolgreichen  Ausbilder von Personenspürhunden (sam-dogs.ch) kennen- und schätzen gelernt. Peter berichtete, dass dieser Trainingsansatz entwickelt wurde, um die Erfolgsquote von Personenspürhunden zu verbessern. Der dahinterliegende Grundgedanke war, dass man am bisherigen Trainingsansatz was verändern muss, um ein anderes Ergebnis zu erzielen.

Und dieser Ansatz – das Trailen auf dem Geruchsband – hat sich als sehr erfolgreich herausgestellt.

Vorteile

Warum ist dieser Ansatz so erfolgreich? Aus Sicht des professionellen Personenspürhunde-Einsatzes hat sich gezeigt, dass mit diesem Ansatz trainerierte Hunde

  • sehr genau und
  • sehr ruhig und gleichmäßig suchen
  • kaum noch „spekulieren“ – d. h. die Hunde verlassen das Geruchsband nicht, um Menschen in den typischen Auffinde-Positionen zu checken
  • eine sehr präzise Negativarbeit  (Anzeige von nicht vorhandenem passenden Geruch zum Geruchsmuster bzw. Anzeige des Endes des Geruchsbandes). Diese Präzision kann in Einsätzen matchentscheidend sein
  • in der Kriminalistik sehr gut für die Überprüfung von Zeugenaussagen eingesetzt werden können

Begründung

Werfen wir mal einen Blick auf die 3 Komponenten von Nasenarbeit

  1. Suchen
  2. Finden
  3. Bekommen.

Von diesen 3 Komponenten sind streng genommen nur das Finden und Bekommen bedürfniserfüllend.

Auch wenn das Suchen selbst aktivierend und motivierend wirkt, ist es nicht der Moment der Bedürfnisbefriedigung – die entsteht erst beim Finden. Genau darin liegt für mich der Schlüssel, um Mantrailing als echtes Enrichment zu gestalten.

Das Suchen aktiviert Dopamin und damit Vorfreude – aber ohne ein Finden bleibt der Hund im Spannungszustand. Erst wenn das Ziel erreicht ist, entsteht echtes Wohlgefühl.

Damit Suchen als positiv erlebt wird, braucht das Gehirn die Erfahrung, dass diese Erwartung regelmäßig erfüllt wird. Nur dann bleibt die Suche ein freudiges, neugieriges Tun. Bleibt das Finden aus oder wird zu oft frustrierend, wandelt sich Vorfreude in Anspannung – und der Hund verliert die emotionale Sicherheit, die Suchlust trägt.

Darum ist Suchen allein nicht selbstbelohnend, sondern die Vorfreude auf eine Erfüllung, die auch wirklich erreichbar ist.

Mantrailing gehört zu den „Match to sample“ Aufgaben, d. h. der Hund bekommt ein Geruchsmuster und das FINDEN dieses Geruches ist mit einem Erfolg verknüpft. Der Individualgeruch der Zielperson wirkt beim Trailen auf dem Geruchsband wie ein sekundärer Verstärker: Jeder Kontakt mit ihm signalisiert dem Hund, dass er zielführend unterwegs ist. Diese geruchliche Rückmeldung stabilisiert Motivation und Suchlust – ganz ohne externe Belohnung.

Das Geruchsband

Aber was genau ist denn dieses „Geruchsband“.  Da geben sich 2 Denkmodelle die Hand, die das Funktionieren des Trailens auf dem Geruchsband erklären:

  1. These von Rudolphina Menzel
  2. Theorie der unterschiedlich schweren Bestandteile des Individualgeruches

Eine bedeutende Aussage von Rudolphina Menzel lautet: „Was ein Hund sucht und wie er es sucht ist eine Frage des Trainings.“

Bedeutet also im Klartext, wenn wir Hunde so ausbilden, dass sie nur zum Erfolg kommen, wenn sie der gelaufenen Spur der Zielperson folgen, dann wird das ihr Arbeitsmuster. Wir bilden damit Hunde aus, die auf dem Geruchband trailen. Das bedeutet übrigens im Gegenzug: Wenn sie durch Geruchsjagen zum Erfolg kommen, werden sie auch weiterhin dieses Verhalten zeigen.

Da Hunde über das Trailen auf dem Geruchsband (auch nachweislich im Einsatz) zum Erfolg  kommen, muss es also etwas geben, was es den Hunden ermöglicht, den Weg der Zielperson zu aufzuspüren.

Und das führt uns zu der zweiten Theorie: Der Erklärung, dass die Hunde sich in erster Linie an den schweren ortstreuen Bestandteilen des Individualgeruches orientieren. Das ist exakt so auch das Erklärungsmodell für das zuverlässige Funktionieren des ID-Trackings.

Um es zusammenzufassen, könnte man das Trailen auf dem Geruchsband als ein Mantrailing auf der „schweren Spur“ bezeichnen.

Ich nutze gerne das Bild von Konfetti bei einer Schnitzeljagd. Die Zielperson streut kontinuierlich Konfetti, deren schweren Bestandteile dort verbleiben, wo die Person gelaufen ist. Die leichten Konfetti werden durch Wind und Thermik auch weiter weg getragen. Trailen auf dem Geruchsband bedeutet, dass der Hund auf der Hauptkonfetti-Spur bleiben und nicht jedes weitere Konfettischnipsel suchen soll.

Geruchsband - Konfetti

Wie wirds vermittelt

Jetzt wirds spannend. Und kontrovers.

Wenn ich dem Hund vermitteln möchte, dass er uns zeigt, wo eine zu suchenden Person gelaufen ist, MUSS ich zwangsläufig wissen, wo die Person gelaufen ist. Und zwar nicht ungefähr, sondern ziemlich genau. Und dieses genaue Wissen um den Trailverlauf liegt in der Verantwortung von uns Trainer*innen. Jeder kennt und fürchtet sie… die „kreative Zielperson“, die sich  nicht an Anweisungen hält… – oder auch einfach nicht mit einem guten Orientierungsvermögen gesegnet ist. Für mich persönlich gibt es da nur 2 Lösungen, bei denen ich wirklich sicher sein kann:

  • persönliches Verbringen bis an den Endpunkt (bzw. mit eigenen Augen den Verlauf und Endpunkt sehen)
  • GPS Live-Erfassung  der Bewegungen der Zielperson und Übermittlung des Tracks vor dem Lauf mit dem Hund (z.B. mit der Mantrailing App gut umsetzbar)

Mit dem zuverlässigen Wissen um den Trailverlauf kann ich also den in Ausbildung befindlichen Teams sehr präzise Feedback geben. Und ja, das bedeutet in der Tat, dass wir die Hunde im Training beeinflussen.

Wir machen ihnen die Umsetzung der gewünschte Lösung leicht und sorgen dafür, dass es ihnen leicht fällt, eine vom Trail abweichende Richtung selbstständig zu korrigieren.

Und klar bauen wir diese Hilfen im Verlauf des Trainings nicht nur wieder ab, sondern überprüfen auch, ob der Hund seiner Aufgabe oder unserer Körpersprache folgt. Sobald die Hunde eine ausreichende mentale Stabilität haben, hinterfragen wir gezielt richtige Entscheidungen, um die Eigenständigkeit des Hundes gegenüber unserer Körpersprache anschließend bewusst zu bestärken. Ach ja – wir loben unsere Hunde übrigens auf dem Trail für erwünschtes Verhalten.

Natürlich wird auch der Verlauf der Trainer*innen-Spur während der Ausbildung immer berücksichtigt, so dass der Hund lernt, sich nicht daran zu orientieren.

Wir beeinflussen die Hunde in also der Ausbildung,  wissend dass es sowieso unmöglich ist, sie nicht zu beeinflussen.

Du kannst nicht nicht kommunizieren.

Das Umlernen von „Finde die Person, egal wie“ auf „Trailen auf dem Geruchsband“ ist in der Praxis relativ leicht. Die meisten „umgestellten“ Teams profitieren sehr von der neuen Suchaufgabe. Und das Maß an Bedürfniserfüllung steigt an.

Zusammenfassend die Kernelemente des Ausbildungsweges:

  • Setup for success
  • Verstärkung des erwünschten Verhaltens, Managen des unerwünschten Verhaltens = Beeinflussung des Hundes
  • erfordert insbesondere zu Beginn wissend zu trailen und kleinschrittiges detailliertes Vorgehen
  • konkrete Übungen zum bewussten Hinterfragen
  • Schwerpunkt auf Üben und Verstärken statt auf Überprüfen

Dieses Vorgehen steht übrigens nicht im Widerspruch mit der gängigen Aussage „Der Hund hat bei der Nasenarbeit immer Recht“.

Die Sache mit dem Enrichment

Fassen wir nochmal zusammen. Trailen auf dem Geruchsband bedeutet also

  • ständige Verstärkung durch die Anwesenheit des Zielgeruches während des Trailens
  • Suche im Flow bei gleichmäßigem Tempo
  • Setup for success, was auch Teamarbeit beeinhaltet.

Bringen wir das mal in Verbindung mit den 5 Säulen des Enrichment:

  1. Nahrung
  2. Umwelt
  3. Selbstwirksamkeit
  4. gute Emotionen
  5. Gesundheit

Bei welchen dieser Säulen bietet nun diese Suchaufgabendefinition die größeren Vorteile im Vergleich zur herkömmlichen Definition?

Während bei den ersten beiden Säulen wenig Unterschiede bestehen, sieht es  bei den restlichen Säulen anders aus:

Auch wenn wir beim Vermitteln der Aufgabe die Selbstwirksamkeit des Hundes einschränken, so hat diese Aufgabe doch den großen Vorteil, dass sie von den Hunden schnell erfolgreich erlernt werden kann. Weil die Aufgabe ziemlich genau definiert ist und der Hund im Geruchsband permanent verstärkt wird, fällt es den meisten Hunden sehr leicht, sie umzusetzen. Sobald die Aufgabe vom Hund vollständig erfasst ist, kann er sie in voller Selbstwirksamkeit ausüben, lediglich begrenzt durch unser Einwirken zu seiner Sicherheit. Dabei berücksichtigen wir die mentale Stärke des Hundes in der jeweiligen Situation.

Durch die permanente geruchliche Rückmeldung und den Fokus auf das Finden zeigt sich diese Form des Trailens in der Praxis oft als besonders bedürfnis­erfüllend und frustarm – gute Rahmenbedingungen vorausgesetzt. Damit können wir ausgesprochen gut für positive Emotionen sorgen – und das nicht nur beim Hund!

Das ist das Glitzern in den Augen von Mensch und Hund, von dem ich so häufig spreche.

Wenn also

  • die Rahmenbedingungen (hier besonders gewissenhaft Equipment und Umwelteinflüsse) fürs Trailen auf Enrichment ausgelegt sind
  • die Aufgabe für den Hund eindeutig und gut zu erfüllen ist und
  • die Ausübung bedürfniserfüllend ist

dann haben wir hier eine Beschäftigung, die die ersten 4 Säulen bereichert und bei der letzten Säule (Gesundheit) nicht ins Minus geht.

Nasenarbeit im Allgemeinen und Mantrailing im Speziellen sind nicht automatisch bedürfniserfüllend! Die Durchführung und der Trainingsansatz spielen eine entscheidende Rolle!

Fazit

Dieser aus dem Einsatzbereich stammende Trainingsansatz des Trailens auf dem Geruchsband bewährt sich auch als wertvolle Enrichment-Maßnahme bestens – sie vereint Klarheit, Stabilität und Suchfreude auf besonders harmonische Weise. Die Vermittlung dieser Aufgabenstellung beruht auf

  • Beeinflussung des Hundes
  • basierend auf der gesicherten Kenntnis des Trailverlaufes.

Im Verlauf der Ausbildung wird den Hunden gezielt vermittelt, dass die  menschliche Körpersprache und die Trainer*innenspur nicht relevant sind, sondern ausschließlich das Geruchsband zielführend ist.

So ausgebildete Hunde zeichnen sich durch eine flüssige, frustarme und gut verstärkte Arbeitsweise ohne Erregungsspitzten aus. Das Erfüllen der gestellten Aufgabe kann – wenn die Rahmenbedingungen passen – ein großes Ausmaß an Bedürfniserfüllung bieten.

Onlinekurs zum Trailen auf dem Geruchsband

Und weil dieses Thema so wichtig ist und immer wieder einerseits Fragen aufwirft und andererseits so viele schöne AHA Momente beschert, gibt es inzwischen einen Online Workshop dazu, in dem ich auf alle genannten Punkte nochmals intensiv eingehe:

✨ Ich habe natüarlich nicht nur den Blogartikel überarbeitet, sondern auch den Onlinekurs ergänzt.

Dort findest Du jetzt eine zusätzliche Vertiefungslektion, die die Zusammenhänge zwischen Suchen, Finden und Bekommen noch klarer und praxisnäher beleuchtet.

👍 Gründe für das Trailen auf dem Geruchsband

✨ Grundlagen für diese Aufgabenstellung

💚 Umsetzung beim Antrailen

🐾 Umsetzung bei der Vermittlung dieser Aufgabenstellung

💥 Stolpersteine bzw. Kritikpunkte der Umsetzung.

Dieser Workshop ist speziell für Trainer*innen und Gruppenleiter*innen sowie engagierte Mantrailing Teams geeignet, die tiefer in diese Art der Suche einsteigen wollen.

Du möchtest mehr über diesen Ansatz lernen? Kannst Du ganz bequem in diesem Selbstlernkurs:

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✨ Time to shine! ✨

Ich bin Astrid Sperlich, Fachfrau für ein Mantrailing Training, das Mensch-Hund Teams zum Strahlen bringt.

Mit fachlichem Scharfsinn und Blick auf die Bedürfnisse beleuchte ich Dein Training von allen Seiten. Ich unterstütze Dich dabei, Deinen Weg als Mantrailing Trainer*in zu finden. Vor Ort in Oberbayern & online, persönlich & in einer starken Gemeinschaft.

Für den IBH leite ich die Mantrailing-Trainer*innen Weiterbildung, die den Schwerpunkt auf Enrichment setzt. Meine Mission: Mensch & Hund mit Mantrailing wirklich glücklich machen und nicht nur auslasten. Probleme lösen, statt neue schaffen.