Der Rückweg

Der Rückweg vom Trail ist eine wichtige Stellschraube beim Trailen als Enrichment
Geschätzte Lesedauer: 6 Minuten

Ein Artikel über den Rückweg? Da ist doch beim Trailen alles vorbei – oder etwa nicht?

Nun, wenn es nur um die Funktion – also die Erfüllung der Aufgabe ginge, dann liegt diese Annahme nahe. Wenn aber der Enrichmentgedanke das Ziel des Trainings ist, sieht das ganz anders aus.

Ähnlich wie dem Start kommt auch dem Rückweg eine wichtige Bedeutung zu, insbesondere was Erregungslage und damit zusammenhängendes Wohlbefinden betrifft.

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Werfen wir mal einen Blick auf das, was vor dem Rückweg passiert ist. Der Hund hat gerade eine herausfordernde, anstrengende Aufgabe erfolgreich gelöst. Er hat das Geruchsband der Person verfolgt, von der er einen Geruchssartikel zu Beginn des Trails präsentiert bekam. Bei der Zielperson angekommen hat er dann seinen Jackpot bekommen. Er hat eine große Anzahl an richtigen Entscheidungen getroffen, um an diesen Punkt zu kommen.

Bestenfalls ist der Hund ein einer guten emotionalen Lage, häufig ist die Erregung zu diesem Zeitpunkt erhöht.

Wenn unmittelbar darauf jetzt etwas Unerfreuliches (z. B. Frustrierendes, Beängstigendes, Belastendes) für den Hund folgt, dann wird dieses Unerfreuliche mit dem Ende des Trails verknüpft. So nach dem Motto „Nach dem Jackpot bei der Zielperson wirds doof…“ Das gilt es unbedingt zu vermeiden.

Mögliche Konsequenzen

Nun, schlimmstenfalls geht der Hund am Ende des Trails ins Meideverhalten zur Zielperson und nähert sich ihr nicht mehr an – beendet den Trail nicht mehr – um das darauf folgende Unerfreuliche zu vermeiden. Die Zielperson ist eine Vorankündigung des darauffolgenden „Schluss mit Lustig“ geworden. Der Hund steckt in einem Motivationskonflikt, das vergiftet die gesamte Aufgabe.

Aber auch sonst: Mantrailing ist Hochleistungssport und zwar körperlich wie mental! Den Hund danach in einer ebenfalls beanspruchenden Form (z.B. „Bei Fuss“ oder anderen Forderungen, auch wenn sie nett verpackt sind) zurückzubringen, um ihn dann auf diesem Erregungslevel ohne Überleitung ins Auto zu packen ist kontraproduktiv zum Enrichmentgedanken. Der Rückweg gehört dem Hund!

Der Rückweg ist dafür das, für Wohlbefinden des Hundes zu sorgen und ihn bedürfnisorientiert für die bevorstehende Pause oder das Trainingsende vorzubereiten.

Was also braucht der Hund am Ende des Trails, nach Erfüllung der Aufgabe und Belohnung mit dem Jackpot? Was hilft ihm, den Trail und das Training insgesamt mit guten Emotionen und entspannt zu beenden?

Körperliches und geistiges Cooldown ist angesagt!

Gestaltung des Rückweges

Und wieder mal gibt es keine Pauschallösung – wie auch, wenn es um individuelle Bedürfnisse geht. Die Antwort gibt uns in der Regel der Hund – wenn er das Vertrauen hat, seine Bedürfnisse zu zeigen.

Was also brauchen die einzelnen Hunde am Ende des Trails?

Hier mal ein paar Beispiele (kein Anspruch auf Vollständigkeit).

Erregungswelle surfen

Ist der Hund z. B. nach dem Trail noch sehr aufgeregt (viel Bewegung im Hund, Bellen), dann holen wir auf diesem Erregungslevel ab und bieten ihm ein Verhalten an, bei dem er sich bewegen kann und das im Freude macht. Denn „ungebremst von 100 auf 0“ ist keine gute Idee.

Eine Möglichkeit ist z.B. das Nachjagen hinter geworfenen Futterbrocken. Die Erregung kann wie in einer Welle durch die Weite des geworfenen Futters langsam runtergefahren werden. Und das bei gutem Wohlbefinden des Hundes.

Gerade wenn Spielzeug am Ende des Trails zum Einsatz kommt, ist es super wichtig, die Erregungwelle mit dem Spielzeug richtig gut zu surfen und bei guten Emotionen des Hundes in die Pause zu gehen, so dass wirklich kein Frust entsteht, wenn das Spielzeug entfernt wird.

Das Surfen der Erregungskurve ist auch ein guter Einstieg ins „Bummeln“.

"Bummeln"

Nach so einer körperlich wie geistig anstrengenden Aufgabe tut es den allermeisten Hunden gut, selbstbestimmt in freiwilliges Erkundungsverhalten zu gehen: Ich nenne das „Bummeln“.

Also Hundedinge machen – ohne Auflagen oder Aufgaben. An den Stellen schnuppern können, die vorher auf dem Trail vielleicht übergangen wurden, obwohl sie interessant waren.

Vielleicht ist es nötig den ein oder anderen Hund dabei zu unterstützen, wieder in die Hundewelt abtauchen zu können. Da kann ein großzügig und flächig ausgestreutes Futter auf dem Boden ein guter Einstieg sein.

Mit oder ohne Gruppe zurücklaufen

Es gibt Hunde, die nach dem Trail am liebsten mitten in der Gruppe zurücklaufen – aber auch solche, die gerne allein mit ihrer Bezugsperson noch eine extra Runde drehen. Beides ist gut möglich.

Wenn der Hund gerne bei/in der Gruppe bleiben möchte ist es wichtig, dem Hund dennoch zu ermöglichen, seine „Hundedinge“ zu machen und keinen Druck auszuüben. Also auch mal als gesamte Gruppe stehenzubleiben, wenn der Hund an einer Stelle schnuppern möchte und ihm ohne Druck diese Zeit zu ermöglichen.

Das kostet Zeit – die für die Erfüllung des Enrichmentgedankens jedoch essentiell ist.

Voraussetzungen

Um die obengenannten Umsetzungen (auch unternehmerisch) gut umsetzen zu können, gibt es ein paar Voraussetzungen. Da müssen alle am gleichen Strang ziehen und Zeit und Raum vorhanden sein.

Bewusstsein schaffen

An oberster Stelle steht für mich, das Bewusstsein über die Auswirkungen des Rückwegs zu schaffen. Bei allen Teilnehmer*innen des Trainings. Die trailenden Teams werden aktiv dabei unterstützt, wie sie den Rückweg gestalten können.

Dabei finde ich es wichtig, die Bezugspersonen nicht nur konkret mit den Möglichkeiten anzuleiten, sondern ihnen auch wirklich den Druck nehmen. Ihnen versichern, dass die Zeit, die sie brauchen Teil des Trainings ist. Auch für die begleitende Gruppe ist dieses Bewusstsein wichtig, damit auch von da kein Druck kommt.

Damit das alles auch im zeitlichen Rahmen des Trainings bleibt, muss der benötigte Zeitraum bei der Planung der Reihenfolge berücksichtigt werden.

Reihenfolge planen

Ich plane die Reihenfolge meiner Teams möglichst so, dass genau diese Zeit gegeben ist – dass der Mensch der, gerade getrailt hat, nicht als Zielperson für den nächsten Trail gebraucht wird. So besteht kein Zeitdruck und in der Regel ist ein Mitlaufen mit dem nächsten Trail möglich.

2er Gruppen beim Trailen sind aus diesem Grund auch nicht wirklich zeitsparend…

Die Reihenfolge der Trails lege ich zu Beginn des Trainings sichtbar in meinem Auto aus und alle Teilnehmer*innen können sich darauf einstellen und entsprechend vorbereiten. Mit der vorgeplanten Reihenfolge kann ich auch sicherstellen, dass die Hunde bei ihren Trails 2 verschiedene Zielpersonen haben.

Den Fokus auf dem Hund belassen

Die Überlegungen zum Rückweg erfassen auch den Zeitpunkt, zu dem der Rückweg angetreten wird. Feedback über den Trail, das unmittelbar am Ende des Trails gegeben wird, ist zeitlich so zu gestalten,

  • dass der Mensch auch in dieser Situation aufnahmefähig ist und
  • der Hund in dieser Zeit bereits seinen Bedürfnissen nachgehen kann.

Da gibt es Hunde, die sich nach dem Auffinden entspannt freiwillig ablegen und Pause machen, bis es zurückgeht, obwohl sie auch ins Erkundungsverhalten gehen könnten.

Es gibt aber auch die Hunde, die nach dem Trail lieber in Bewegung bleiben, die nicht still sitzen, stehen oder liegen wollen.  Für diese Hunde ist dann eine lange Besprechnung kontraproduktiv, weil die erzwungene Ruhe Frust erzeugen kann. Und Frust… genau – wollen wir ganz sicher nicht beim Trailen als Enrichment provozieren.

Fazit

Damit die Zielsetzung des Training, also eine Enrichmentmaßnahme, gelingen kann, ist die Trainingseinheit ganzheitlich zu betrachten. Dem Start habe ich mich schon ausführlich in dem Artikel „Startritual“ gewidmet. Und das Ende des eigentlichen Trails ist nicht das Ende der Trainingseinheit.

Um das Ziel einer Enrichmentmaßnahme zu erreichen, ist es wichtig, den Rückweg so zu gestalten, dass der Hund nach dem Trail einen runden, weiterhin bedürfniserfüllenden Abschluss hat, um mit den besten Voraussetzungen in die Pause oder das Ende des Trainings zu gehen.

Wenn der Rückweg vom Hund als unangenehm empfunden wird, kann das negative Auswirkungen auf den Trail und das gesamte Training haben.

Allein eine Veränderung der Rückwegsgestaltung hat bei vielen Teams bereits dazu beigetragen, dass die Aufregung am Start und in der Pause im Auto deutlich geringer war.

Die emotionale Lage am Ende der Trainingseinhait bildet die Grundlage für die Motivation für das nächste Training – oder einfach gesagt:

Nach dem Trail ist vor dem nächsten Trail.

Wie gestaltest Du den Rückweg Deiner Teams? Schreibs mir gerne in die Kommentare!

Nasenarbeit im Allgemeinen und Mantrailing im Speziellen sind nicht automatisch bedürfniserfüllend! Die Durchführung und der Trainingsansatz spielen eine entscheidende Rolle!

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