Lass das!

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Warum „Lass das! Nein! Arbeite!!!“ nicht zielführend ist

Update Dezember 2023

Was soll ich denn machen, wenn mein Hund

  • Menschen anspringt? …an der Leine zerrt? …bei der Türklingel ausflippt?
  • beim Mantrailing am Start rumzappelt?
  • auf dem Trail immer wieder privat schnüffelt?

Diese Fragen haben alle eines gemeinsam – sie fragen nach einer Lösung, nachdem der Hund das vom Menschen als unerwünscht empfundene Verhalten bereits gezeigt und damit auch geübt hat. Nach dem Motto: „Was kann ich machen, wenn mein Kind schon wieder in den Brunnen gefallen ist?“

Mit dem Brunnen-Beispiel wird eigentlich schnell klar,  wie die Frage heißen muss: „Wie kann ich verhindern, dass mein Kind in den Brunnen fällt?“

Nun, dazu ist es erstmal wichtig herauszufinden, warum bzw. wie das Kind denn überhaupt in den Brunnen fällt. Und bis das geklärt und eine Lösung gefunden ist, kommt ein sicher schützender Zaun um den Brunnen.

Grenzen setzen

Im Hundetraining wird sehr schnell und viel davon gesprochen, Grenzen zu setzen. Oft wird darunter nur verstanden, eine Lösung zu finden, wie der Mensch möglicht schnell und erfolgreich das vom Menschen oft unerwünschte Verhalten „Fremdschnuppern“ sofort beenden kann. Lass das! Nein! Arbeite!!!

Dabei wird häufig übersehen, dass es viel erfolgsversprechender und fair dem Hund gegenüber ist, schon viel früher anzusetzen und auch ehrlich zu hinterfragen:

  1. Warum tut der Hund überhaupt?
  2. Wie gehe ich damit um, wenn der Hund fremdschnuppert?
  3. Wie kann ich fair und sinnvoll dafür sorgen, dass der Hund motiviert den Trail ausarbeitet?

Schauen wir uns diese 3 Fragen mal der Reihe nach näher an.

Fremdschnuppern – ein häufig unverstandenes Verhalten auf dem Trail

Warum tut der Hund das überhaupt?

Die Antwort lautet nie „Weil er Dich ärgern will“ sondern immer:  „Das kommt drauf an…“

Bleiben wir mal beim nicht so seltenen Beispiel „Fremdschnuppern“ („Privatisieren“): Da gibt es nicht den einen Grund – sondern viele verschiedene und häufig auch eine Mischung davon…

Mögliche Ursachen können sein:

 

  • weil er Mantrailing generell nicht (mehr) lohnenswert findet
  • als Ventil
  • weil seine Aufgabenstellung für ihn nicht klar ist
  • weil die Umgebung zu anspruchsvoll ist
  • weil er Meideverhalten zu etwas auf dem Trailverlauf zeigt

Durch eine geschickte Aufgabenstellung und eine gute Beobachtungsgabe auch der Umwelt gegenüber lässt sich das jedoch gut herausfinden. Denn wenn der Hund unmittelbar nach Verschwinden von Menschen oder Hunden auf dem Trail sofort wieder mit seinem Job weitermacht, dann liegt es sehr nache, dass das Schnuppern seine Strategie ist, diese Herausforderung zu lösen. Und was machen wir dann mit dem Wissen? An dieser Stelle wird schon sehr schnell klar, dass es nicht „die Lösung“ fürs Fremdschnuppern gibt.

Genauso klar ist an dieser Stelle auch, dass pauschal mehr Druck auf den Hund auszuüben oder den Trail abzubrechen keine gute Lösung ist. Schlimmstenfalls sogar das zugrundeliegende Problem noch vergrößert. Bleiben wir wieder beim obigen Beispiel – das Fremdschnuppern auf dem Trail. Gehen wir die möglichen Gründe mal durch.

Wie Du herausfindest, ob Dein Hund Stress beim Trailen hat

Wie gehe ich damit um, wenn der Hund fremdschnuppert?

So unterschiedlich die Gründe sind, so unterschiedlich sind die Lösungsansätze:

 

Der Hund privatisiert aus Langeweile oder mangelnder Freude am Trailen

Dann gilt es die Motivation zu erhöhen, in dem man z.B.  den Jackpot aufwertet, den Schwierigkeitsgrad des Trails verändert, in Sequenzen arbeitet, einen extra Motivationstrail macht, eine andere Umgebung wählt, das Tempo verändert…. – oder auch mal ehrlich hinterfragt, ob der Hund grundsätzlich Freude an dieser Aufgabe hat. Es ist gar nicht so selten, dass Hunde die Freude am Mantrailing verlieren, weil die Rahmenbedingungen im Training nicht passen oder die Steigerung der Schwierigkeiten zu schnell erfolgt ist.

Es gibt jedoch auch hin und wieder mal Hunde, die erst ab einem gewissen Schwierigkeitslevel mit voller Konzentration dabei sind und bei „zu wenig anspruchsvollen Trails“ dann eben noch nebenher einer anderen Beschäftigung nachgehen.

Dem Hund bedeutet das „Fremdschnuppern“ mehr oder genausoviel wie das Trailen

Wenn beim Training des Hundes versäumt wurde ihm ausreichend Motivation fürs Trailen zu vermitteln und die Rahmenbedingungen des Trainings ungünstig sind, dann kann es einfach sein, dass dem Hund die Umwelterkundung genauso oder sogar wichtiger ist. Das ist dann jedoch nicht als Fehler des Hundes zu sehen, sondern als Hinweis dafür, dass das Dein Hund vielleicht andere Bedürfnisse hat, als Du Dir wünschst. Oder dass das Training selbst für Deinen Hund gar nicht so toll ist, so dass er sich seine Bedürfnisbefriedigung lieber aus der Umwelterkundung holt.

Und wenn es Dir im Mantrailing nicht auf ein „Funktionieren und Durchziehen auf Knopfdruck und Zeitrekorde“ ankommt, dann kannst Du das Deinem Hund ja vielleicht sogar zugestehen? Warum auch nicht? Wenn er seinen Job mit Freude macht und dazwischen einfach gerne noch die Umwelt privat erkundet – und Dein Grund zu trailen ist es, die Bedürfnisse Deines Hundes zu erfüllen… dann ist das doch ok, oder?

 

Schnupperpausen können auch ein Ausdruck von gesundheitlicher Beeinträchtigung sein. Wenn Du auch in anderem Kontext Unwohlsein vermutest, dann gehe dem auf den Grund und lasse Deinen Hund von einer veterinärmedizinischen Fachkraft untersuchen.

Der Hund nutzt das Schnuppern als Ventil, um die eigene Erregung abzubauen

Wenn Hunde am Start noch sehr aufgeregt sind und mit hohem Tempo starten, kann ein Schnuppernlassen dafür sorgen, dass sie mit vermindertem Tempo weitertrailen.

Der Hund zeigt Fremdschnuppern als Übersprungsverhalten aufgrund Überforderung

Wenn klar ist, dass der Hund seine Aufgabe beim Mantrailing grundsätzlich verstanden hat und gerne macht, ist vielleicht die konkrete Situation zu schwer für den Hund. Hier kommt dann der zweiter Teampartner ins Spiel, wir lassen den Hund nicht hängen auf dem Trail! Wenn der Hund an Ort und Stelle keine Entscheidung über den Trailverlauf treffen kann, dann helfen wir ihm, indem wir ihn an eine Stelle bringen, an der der Hund wieder eine Entscheidung treffen kann. Teamwork eben.

Manchmal können auch akut auftretende Umweltreize den Hund überfordern – z.B. entgegenkommende bedrohlich empfundene Menschen. Schlimmstenfalls verlässt der Hund dann sogar den Trail oder unterbricht die Aufgabe. Häufig trailen die Hunde dann einfach weiter, sobald sich die Situation gelöst hat. Wenn die bedrohliche Situation jedoch in absehbarer Zeit nicht vorbei sein wird, gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Trail noch positiv für den Hund abzuschließen.  Ich lasse z.B. die Zielperson den Trail so verkürzen, dass der Hund die Aufgabe nach einer kurzen Unterbruchung dann erfolgreich beenden kann – Dank eingesetzter Funkgeräte sehr leicht umsetzbar. Oder ich lasse das Team die Aufgabe unterbrechen, wir umgehen die Bedrohung und bringen den Hund dann wieder auf den Verlauf des Trails. Dort setzt das Team dann den Trail fort. Daher ist es immer sinnvoll, mit den Teams auch eine Unterbrechung des Trails zu trainieren.

Liegt die Überforderung an einer generell für diesen Hund zu anspruchsvollen Umgebung, gehe ich in diesem Training dann im Schwierigkeitsgrad des Trails herunter  bis hin zum kurzen Motivationstrail oder Arbeit in kurzen Sequenzen.

Wenn nicht sichergestellt ist, dass der Hund die Aufgabe wirklich verstanden hat, teste ich das mit entsprechender Aufgabenstellung – und kann dann in der Ausbildung wieder ganz zurück zu den Basics gehen, um die eigentliche Aufgabenstellung zu festigen. Wenn Du mehr dazu erfahren möchtest, wie ich mein Training aufbaue, dann schau gerne mal bei meinen Online Workshops rein.

Der Hund zeigt Fremdschnuppern im Kontext eines anderes Hundes auf dem Trail

Da ich Mantrailing als Enrichment – also als Bereicherung des Lebens für Hund und Mensch – durchführe, dürfen Hunde bei mir im Training selbstverständlich deeskalierendes Verhalten im Kontext mit Artgenossen zeigen. Gerade bei Hunden, die mit Hundebegegnungen ein Thema haben,  ist das ja ein Verhalten, das wir gezielt fördern. Daher dürfen sie es in meinem Training auch auf dem Trail machen, sie dürfen höflich bleiben. Das gleiche gilt auch für Menschen auf dem Trail – auch da brauchen manche Hunde etwas mehr Zeit.

Von einem Einsatzhund wird jedoch in der Regel erwartet, dass seine mentale Stärke so ausgeprägt ist, dass er während des Jobs auch andere Hunde ausblenden kann und damit gut klarkommt. Und wenn nicht, dann ist es eben besonders wichtig, das Verhalten des Hunde auf dem Trail richtig zu deuten.

Das Wunderbare am Mantrailing ist ja, dass wir die mentale Stärke im Training Schritt für Schritt gezielt stärken können. Davon profitieren natürlich alle Hunde, auch wenn sie gar nicht in Einsätze gehen sollen.

So erreichst Du, dass Dein Hund den Trail motiviert ausarbeitet

Wie  kann ich fair und sinnvoll dafür sorgen, dass der Hund den Trail motiviert ausarbeitet?

Die Zauberworte heißen Trainingsphilosophie, Rahmenbedingungen und Management. Wieder an unserem Beispiel vom Fremdschnuppern heißt das:

Das effektivste Vorgehen ist die Wahl eines sinnvollen Ausbildungsweges. Mensch und Hund sollen die an sie gestellte Aufgabe sicher verstehen und auch ausführen können (mental und physisch). Das geht nicht mit einem festen Schema oder einer starren, nicht angepassten Struktur. (Wobei ich ja ein absoluter Fan von Struktur bin: Allerdings nur von einer Struktur die förderlich für das Team ist und kein übergestülpter Selbstzweck). Ein guter Aufbau des Trainings, nämlich BasicsBasics  und sagte ich schon – Basics sorgen dafür, bei Mensch und Hund Freude an der Aufgabe zu wecken, die genaue Aufgabenstellung auch dem Hund verständlich zu vermitteln, so dass das Team hoch motiviert (der Hund dabei noch fokussiert) trailt.

Der Trainingsort kann passend zum jeweiligen Ausbildungsstand des Hundes gewählt werden, so kann insbesondere die Überforderung durch eine unpassende Location verhindert werden. Das ist auch einer der Gründe, warum ich nicht in festen Gruppen traile. Meine Teilnehmer*innen haben die freie Wahl, zu welchem Training sie sich anmelden. So können eben auch die Trainingsorte ein Kriterium sein, nachdem entschieden wird. Da kann der Ehrgeiz des Zweibeiners schon mal zurückstecken müssen.

Der Schwierigkeitsgrad des Trails wird an die tagesaktuelle Form des Teams angepasst. Das beginnt bei der Wahl des Geruchsträgers, der Länge des Trails und hängt insbesondere vom Verlauf des Trails ab.

„Es ist die Qualität des Trails, die zählt. Nicht die Quantität.“ – sagt Peter Keller von sam-dogs absolut treffend. Da liegt es in meiner Verantwortung als Trainerin, für die Teams die passenden Trails zu legen: Fördern – nicht überfordern.

Beim Mantrailing als Enrichment kommt es darauf an, dass für beide Seiten der Leine das Training zu Erfolgen und guten Emotionen führt. Wenn also Dein Hund seine Aufgabe liebevoll und kleinschrittig lernen kann und die Rahmenbedinungen für ihn passen, dann kann er richtig Freude am Ausarbeiten des Trails haben. Dabei haben wir immer die Bedürfnisse im Blick und nehmen diese ernst. Das sieht beim Ziel „Trailen um funktionierende Mantrailer“ zu erhalten dann meistens anders aus.

Entscheidend ist also, warum Du mit Deinem Hund Mantrailing machst! Beim Trailen als Enrichment ist es mein oberstes Ziel, den Hunden die Trailaufgabe klar und fair zu vermitteln, gut zu üben und passende Rahmenbedingungen zu schaffen und bei jedem vom Trailen abweichenden Verhalten nach den Ursachen zu suchen – und diese zu beheben – falls notwendig.

Fazit

Wenn wir beim Beispiel des Fremdschnupperns bleiben, so kannst Du jetzt nachvollziehen, warum das Grenzen setzen über „LASS DAS! ARBEITE!“ schlimmstenfalls sogar das Gegenteil bewirken kann.

Die Lösung liegt darin, zu ergründen, warum Dein Hund dieses Verhalten überhaupt zeigt. Mit Deiner Trainer*in zusammen kannst Du den Grund herausfinden, um dann gezielt durch Anpassung des Trainings zu erreichen, dass Dein Hund mit Freude den Trail macht und Du erkennen kannst, warum Dein Hund jetzt gerade am Busch schnuppert und nicht weitertrailt. Und wenn Du Mantrailing wie ich als Enrichmentmaßnahme einsetzt, dann kannst Du ja auch einfach entspannten, wenn Dein Hund mit Freude den Trail ausarbeitet und an besonders spannenden Stellen trotzdem in die Umwelterkundg geht, um dann wieder den Trail auszuarbeiten.

Meine Trainingsphilosophie, der INNsider Spirit sorgt von Anfang an dafür, dass Du und Dein Hund Mantrailing mit Freude und Fairness erlernen und langfristig ausüben könnt. In Eurem Tempo, mit der zu Euch passenden Struktur, so dass Ihr gemeinsam als Team nicht überfordert, sondern gefördert werdet.

Du & Dein Hund – findet Euren Weg!

 

So macht Trailen allen Spaß

Wenn Du noch etwas tiefer in diese Trainingsphilosophie eintauchen möchtest, habe ich 2 Videobotschaften für 0 € auf meiner Kursplattform für Dich. 

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2 Antworten

  1. Hallo Frau Sperlich, ich bin ganz begeistert über Ihre Seiten ! Ich selber bin Anfänger beim Mantrail,und bin beim Rettungshundesport ! Möchte natürlich dazu lernen ! Haben Sie selber Bücher zum Verkauf? Über eine Antwort würde ich mich freuen.
    Liebe Grüsse Fiesel

    1. Hallo Melinda, 🥰 vielen Dank für Ihr Kompliment für meine Seiten. Ein Buch habe ich nicht, biete jedoch Online Fortbildungen im Bereich Mantrailing an. HIER finden Sie meine Online Angebote. Ihnen weiterhin viel Freude bei dieser wunderbaren Teamarbeit mit Hund.
      Astrid Sperlich

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